Ein Begriff der in den USA mittlerweile zur Alltagssprache gehört schwappt nach Deutschland: das persönliche Nettovermögen ( Net Worth ). Was steckt dahinter? Wie berechne ich meinen Net Worth ? Wie und wie häufig messe ich mein Nettovermögen ? Sollte ich mein Nettovermögen in Lambos messen?
Nettovermögen – Was ist das?
In den Mainstream- und Tratsch-Medien der USA wird sehr gerne über den Net Worth von Prominenten spekuliert. Die Google Suche zu der Frage „What is the net worth of“ liefert mir aktuell die folgenden 5 Vorschläge zur Vervollständigung: Elon Musk, Jeff Bezos, Mukesh Ambani, Bill Gates und Mr Beast (oops, ich kenne nur drei davon). Es ist also eine beliebte Kennzahl um darüber zu philosophieren wie reich die entsprechende Person sein könnte.
Wörtlich übersetzt bedeutet Net Worth einfach Nettovermögen oder Reinvermögen. Laut Wikipedia ist es wie folgt definiert:
Wie du siehst wird die Formel für das Nettovermögen in keiner Weise durch das jährliche Einkommen beeinflusst. Das heißt wie hoch dein Einkommen ist lässt sich daraus nicht unmittelbar ablesen. Der Net Worth spiegelt also weniger wieder wieviel du verdienst, sondern eher wie viel du von deinem Einkommen behältst und wie gut du es investierst.
Nettovermögen berechnen
Wie du schon an der Formel aus dem letzten Abschnitt gesehen hast, ist die Berechnung des Net Worth tatsächlich sehr einfach.
- Addiere alle Vermögenswerte (Assets)
- Addiere alle Verbindlichkeiten (Liabilities)
- Subtrahiere die Verbindlichkeiten von den Vermögenswerten
Im folgenden findest du eine Übersicht der Positionen, die ich in die Berechnung meines Net Worth einbeziehe:
- Cash
- Crypto Assets
- Aktien, ETF, Fonds
- Phyische Edelmetalle
- P2P Kredite
- Vermietete Immobilien
- Selbstgenutzte Immobilien
- Beteiligungen
- Private Zusatzversicherungen
- Sonstige Sachwerte
- Konsumkredite
- Darlehen für private Immobilien
- Darlehen für vermietete Immobilien
- Wertpapierkredite
Eine Variante des Nettovermögens ist das Liquide Nettovermögen. Um dieses zu berechnen ziehe ich alle Vermögenswerte ab, die ich nicht im Rahmen von Portfolio-Umschichtungen verkaufen möchte oder kann wie beispielsweise selbstgenutzte Immobilien oder private Zusatzversicherungen. In einem meiner letzten Artikel habe ich einen Snapshot meines Liquiden Nettovermögens untersucht um meine Asset Allocation zu prüfen.
Bewertung von Vermögenswerten
Für die meisten Assets wie Bargeld oder Wertpapiere ist es sehr einfach den Wert zu bestimmen. Es reicht ein Blick ins Konto beziehungsweise ins Depot. Schwieriger wird es für Immobilien, Beteiligungen und andere Sachwerte wie Kunst, Oldtimer oder Uhren. Die meisten Menschen tendieren dazu ihre Vermögenswerte zu hoch zu bewerten.
Meine Beteiligungen an meiner vvGmbH oder an Mit Rückenwind bewerte ich bewusst sehr konservativ mit dem Depotwert bzw. mit dem Cash-Bestand.
Bei meinen Immobilien versuche ich mich daher so gut es geht an einem konservativen Verkehrswert zu orientieren und nicht an den (höheren) Preisen, die auf den Immobilienportalen aufgerufen werden. Eine gute Gelegenheit den Verkehrswert deiner Immobilien zu ermitteln ist übrigens eine Darlehensanfrage. Wenn du eine teilweise getilgte Immobilie als Zusatzsicherheit verwendest, dann wird die Bank diese Zusatzsicherheit bewerten. Frage einfach deine Bank nach dem von der Bank angesetzten Verkehrswert der Zusatzsicherheit.
Ohne sonstige Veränderungen wie Aufwertungen lasse ich die Bewertung meiner Immobilien unterjährig unverändert. Zum Jahreswechsel addiere ich nur 1% auf den angesetzten Wert, auch wenn sich die Immobilie in einer sehr guten Lage befindet.
4 smarte Gründe meinen Net Worth zu tracken
Dein Nettovermögen zu erfassen ist also einfach, aber wenige nehmen sich die Zeit es tatsächlich zu tun. Und noch weniger Menschen verfolgen ihr Nettovermögen regelmäßig. Dabei gibt es 4 smarte Gründe, die dafür sprechen.
Finanzielle Situation abbilden
Ich erziele Einkommen und konsumiere. Ich kaufe und verkaufe Assets, mache Gewinne und Verluste. Ich nehme Darlehen auf und zahle diese zurück. Wie aber sieht meine Finanzielle Situation, das ‚Big Pciture‘ aus ? Das lässt sich erst beantworten wenn klar ist wieviel dieses Einkommens in Vermögenswerte fließt bzw. geflossen ist. Falls mein Net Worth nicht meinem Einkommen entsprechend steigt, ist meine finanzielle Situation also zumindest nicht so gut wie sie sein könnte.
Fortschritte sichtbar machen
Manchmal ist es schwierig Fortschritte zu erkennen und sich zu motivieren, wenn du nicht zurückblickst und schaust wo du gestartet bist. Ich oute mich schon wieder als Kontroll-Freak, aber ich finde es sehr motivierend zu sehen, wenn sich mein Net Worth positiv entwickelt. Wenn du dein persönliches Net Worth Cockpit dann noch ansprechend gestaltest, fühlt es sich fast ein bisschen wie bei einem Videospiel an. Das Ziel ist es Wege zu finden den persönlichen High Score bzw. Net Worth zu steigern.
Auch wenn deine Investments in manchen Phasen nicht perfekt laufen, kann sich dein Net Worth trotzdem positiv entwickeln. Denn schließlich sorgt beispielsweise auch das Zurückführen von Schulden zu einer Verbesserung deines Nettovermögens.
Schulden in die richtige Perspektive rücken
Apropos Schulden: die meisten von uns sind dazu erzogen worden Schulden prinzipiell als etwas Schlechtes zu betrachten. Und zwar selbst dann wenn wir sie für Investitionen nutzen. Nur auf die Schulden zu schauen kann dazu führen, dass wir uns schlecht fühlen.
Sind Schulden von 100.000 EUR für eine Investition schlecht? Nicht wenn diesen Schulden nachhaltige Werte von 400.000 EUR gegenüber stehen. Da Schulden und Vermögenswerte bei der Berechnung deines Net Worth voneinander abgezogen („saldiert“) werden, rückt das Nettovermögen solche Verbindlichkeiten in die richtige Perspektive.
Kreditverhandlungen unterstützen
Egal für welche Form von Kredit du dich bewirbst, dein Kreditgeber interessiert sich neben deinem Einkommen immer auch für dein Nettovermögen. Denn dieses Nettovermögen bietet deinem Kreditgeber zusätzliche Sicherheiten für den Fall, daß dein Einkommen wegbricht und du deinen Kapitaldienst nicht mehr leisten kannst.
Gerade wenn du deinen Cash-Bestand bei Investitionen schonen und verstärkt mit OPM (Other People’s Money) arbeiten möchtest, wird die Darstellung deines Net Worth wichtig und bringt dir im Idealfall bessere Konditionen.
Wie tracke ich meinen Net Worth ?
In diesem Abschnitt teile ich mit dir die Tools, Methoden und Auswertungen mit denen ich meinen Net Worth verfolge.
Monatliche Updates
Aus meiner bisherigen Erfahrung heraus haben sich monatliche Updates des Nettovermögens bewährt. Längere Zeiträume können dazu führen, dass ich meine Fortschritte oder Rückschläge nicht einordnen kann. Deutlich kürzere Zeiträume können dazu führen, dass ich mich mit dem Tracking in den Wahnsinn treibe.
Monatliche Abstände sind insofern ideal, dass monatlich wiederkehrende Ausgaben „ausgefiltert“ werden und mich dieses „Rauschen“ nicht vom Gesamtbild ablenkt. Voraussetzung dafür ist dass die Messung ungefähr am gleichen Tag zu machen. Ich selbst aktualisiere meinen Net Worth in der Monatsmitte.
Tools für das Net Worth Tracking
Für das Net Worth Tracking gibt es sicherlich Tools und Services, die einen Teil der Arbeit automatisieren können. Ich verwende allerdings seit Jahren meine jeweils bevorzugte Tabellen-Kalkulation. Früher war das MS Excel, seit eigen Jahren ist es Apple Numbers.
Auswertungen
Der Vorteil ist, dass ich sehr leicht neue Auswertungen und Diagramme hinzufügen kann.
Prozentuale Verteilung im Zeitverlauf
Ein Beispiel für so eine Auswertung ist die prozentuale Verteilung meines liquiden Nettovermögens auf verschiedene Asset Klassen im Zeitverlauf. Das folgenden Diagramm zeigt die prozentuale Verteilung meines liquiden Nettovermögens im Verlauf des Jahres 2020. Es deutet sich bereits der Bull-Run der Crypto Assets an, der sich 2021 dann nochmal beschleunigte. Gut ablesbar ist auch der niedrige Cash-Bestand Anfang 2020, der dafür sorgte, dass ich im Corona-Crash nicht massiv nachkaufen konnte.
Prozentuale Gesamtentwicklung
Neben den absoluten Zahlen finde ich auch die prozentuale Entwicklung des Net Worth interessant. Am folgenden Bild lässt sich ablesen, dass 2020 nicht als finanzielles Desaster für mich geendet hat. Ich habe zwar bei weitem nicht alle Chancen mitgenommen, die auf dem Tisch lagen, aber auch nicht im Crash die Nerven verloren.
Fazit
Der vielzitierte Net Worth eignet sich nicht nur dazu, um über die Finanzsituation von Promis zu spekulieren, sondern ist ein relativ simples Mittel für die eigene finanzielle Standortbestimmung. Die Berechnung ist vergleichsweise einfach und schnell machbar. Regelmäßiges Tracking kann motivieren und Trends sichtbar machen.
Mein Nettovermögen monatlich zu verfolgen hat sich für mich bewährt. Es hilft mir dabei, Fortschritte und Rückschläge beim Vermögensaufbau zu erkennen und daraus zu lernen. Auch große Darlehen für werthaltige Investments relativieren sich wenn man sie den Vermögenswerten gegenüberstellt.
Um zu starten brauchst du nicht unbedingt ausgeklügelte Finanzsoftware oder Automatisierungs-Apps. Für den Start (und für mich auch darüber hinaus) reicht die Tabellenkalkulation. Die Auswertungen und der Detailgrad wachsen dann mit den Anforderungen. Mache deine Auswertungen schön, wenn es dich motiviert bei der Gewohnheit zu bleiben. Und wenn es dich motiviert kannst du deinen Networth auch in Lambos messen.
Wie misst du deinen Fortschritt beim Vermögensaufbau? Was ist dir wichtiger, der Cash Flow oder der Net Worth? Wie häufig trackst du? Jährlich, quartalsweise, monatlich oder öfter? Sammelst du die Zahlen „zu Fuß“ ein wie ich oder nutzt du eine Software, die du empfehlen kannst? Ich freue mich auf den Austausch mit dir!
Hallo Eduard,
Da ich wie bekannt in Rente bin und entsprechende Renten beziehe, brauche ich eigentlich meine Anlagen nicht und betrachte daher nur den Net Worth.
Dies aber auch erst seit 2019 – Ausloeser war hier eine Diskussion mit Dividenden-Alex, der mich „dumm anmachte“ 😂 – „Was, du trackst deine Performance nicht?“.
Davor habe ich gut ohne Tracking gelebt, mit dem Tracking ist es aber nun auch schoen zu sehen wie es „waechst und gedeiht“.
Ich mache es monatlich zum Monatsende und sammele die Zahlen „zu Fuß“ ein und ueberfuehre sie in eine Excel-Tabelle, bei der mir die %-Zahlen voll genuegen.
In 2020 habe ich in der Crash-Phase meinen 2. und letzten Versuch mit einem Vermoegensverwalter (1. = GruenerFisher, 2. = Liqid) aufgrund ungenügender Performance im Vergleich zu mir beendet. Ich war damals sehr zwiegespalten / habe dem Braten nicht so richtig getraut und daher sehr konträr die bei Liqid vorhandenen Beträge in Gold (Sicherheit und Parkposition im Hinblick auf juristische Person) sowie in Kryptos investiert – wie bereits von Dir festgehalten im Nachhinein ein „genialer“ 😂 Entscheid – letztendlich Glueck fuer ein in meine Augen sehr spekulatives Investment.
Fuer 2020 war meine Performance (Wertpapiere, Edelmetalle, Kryptos plus minimal Cash minus Hyotheken/Lombardkredite) summa summarum bei 17%, womit ich gut leben kann.
Ich tracke das Gesamtvermögen 1x im Jahr. Die Konten und Depots monatlich. Mit Homebankingsoftware (Alf Banco) und Excel. Reicht mir vollauf. Die Immobilien sind sowiso sehr bewertungsabhängig und ändern sich bei mir selten.
Danke für Deine Top Infos hier auf der Seite!
Hallo zusammen,
Frage – wie berücksichtigt Ihr bei Net Worth die Steuern?
Als Beispiel: – investiert 100K im Aktien, Depot 25% im Plus – also Wert 125K. Auf die 100K fallen später keine Steuern, aber die 25K im Plus, auf die müssten die Steuern abgezogen werden um echten Net Worth zu erhalten. Trennt Ihr den Depot-Wert in zwei und berücksichtigt Ihr die Steuer bei der Ermittlung oder nur den Depot-Wert?
VG RAF
Hallo Eduard.
Roland Kiyosaki versteht Vermögenswerte und Verbindlichkeiten etwas anders als du in deiner Tabelle. Kannst du dazu etwas sagen?